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Pilotprojekt zur Suche nach NS-Raubgut in rheinland-pfälzischen Museen gestartet

Der Museumsverband Rheinland-Pfalz e. V. startet ein auf zwei Jahre angelegtes umfangreiches Pilotprojekt zur Provenienzforschung an den rheinland-pfälzischen Museen. Im Mittelpunkt des Vorhabens stehen die Beratung und Unterstützung der Museen zu allen wichtigen Fragen rund um das Thema Provenienz mit dem Fokus auf nationalsozialistischem Raubgut. Ziel ist es, bei den Museen ein Bewusstsein für die Biografie eines Objektes und seine rechtmäßigen Vorbesitzer:innen zu schaffen. Für die Dauer der Projektlaufzeit wurde eine eigene Koordinierungsstelle am Verband eingerichtet und mit Musikwissenschaftler Philipp Hosbach besetzt. Er leitete zuvor ein Projekt zur Provenienzforschung am Musikinstrumentenmuseum in Leipzig.

Das Projekt wird vom Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz gefördert: „Das Thema Raub- und Beutekunst ist auch ein Thema in der Sammlungsgeschichte der Museen in Rheinland-Pfalz. Das Land stellt sich seiner historischen Verantwortung und unterstützt akiv die Aufarbeitung von unrechtmäßig entzogenem Kulturgut. Gemeinsam mit dem Museumsverband wollen wir mit dem Pilotprojekt zur Provenienzforschung unsere Museen zur Erforschung ihrer Sammlungen ermutigen und die Erkenntnisse zur Herkunt sichtbar machen“, betont Kulturministerin Katharina Binz. „Hinter jedem entzogenen, geraubten Kunstwerk steht immer auch das individuelle Schicksal eines Menschen. Wiedergutmachen lässt sich das, was während des Kolonialismus und des Nationalsozialismus an unermesslichem Leid verübt wurde, nicht. Jedoch kann eine Gesellschat diese Zeit aufarbeiten, in dem sie sich der Geschichte stellt und Verantwortung für sie übernimmt.“

Das Thema Provenienzforschung ist in der jüngeren Vergangenheit verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Vor allem die Rückgabe von Beninbronzen oder auch der Fall von Nazi-Raubkunst am Stadtmuseum Simeonstift Trier erlangten mediales Interesse. Die Auseinandersetzung mit dem Thema spielt in Rheinland-Pfalz bislang allerdings eine untergeordnete Rolle, wie Alexander Schubert, Vorstandsvorsitzender des Museumsverbands, erklärt: „Gerade solche Schlagzeilen täuschen darüber hinweg, dass die Museen in Rheinland-Pfalz einen gewissen Nachholbedarf in Sachen Provenienzforschung haben. Nur rund 1% der Museen im Land haben etwa von den Fördermöglichkeiten des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste Gebrauch gemacht; ergänzt durch vereinzelte Forschung in den Häusern selbst. Hier will der Museumsverband ansetzen, in dem er über Provenienzforschung aufklärt und den Museen beim Umgang mit nationalsozialistischer Raubkunst unterstützend zur Seite steht.“

Am Beginn des Projekts steht der Überblick über die Herkunft der Museumssammlungen in Rheinland-Pfalz. Wo sich Verdachtsmomente auf nationalsozialistisches Raubgut ergeben, berät und unterstützt Projektkoordinator Hosbach die Museen bei allen weiteren Schritten. Mithilfe des sogenannten „Erstchecks“, einer bundesweit bewährten Methode der Provenienzforschung, die vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördert wird, können die verdächtugen Provenienzen anschließend durch eine externe Fachkraft geprüft werden.

Die Geschäsfftührerin des Museumsverbands Miriam Anders sieht in der Einrichtung einer eigenen Koordinierungsstelle für Provenienzforschung beim Verband, eine große Chance, die rheinland-pfälzische Museumslandschaft für das Thema zu sensibilisieren: „Insbesondere kleinere und mittlere Museen stellt die Provenienzforschung vor Herausforderungen. Im Rahmen des Projekts können wir die Museen mit zusätzlichen Ressourcen bei der Suche nach NS-Raubgut unterstützen und gleichzeitig auf Fragen und Sorgen eingehen. Wir nehmen die Skepsis der Museen dabei ernst, mir ist es allerdings wichtig, zu betonen, dass Provenienzforschung für große wie kleine Museen eine Chance ist, die eigene Sammlung besser kennenzulernen und im Dialog mit den Erben eine faire Lösung zu finden.“


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