Das Pilotprojekt ist vor dem Hintergrund entstanden, dass Provenienzforschung in der rheinland-pfälzischen Museumslandschaft bisher eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Forschungsprojekte, die sich mit der Überprüfung von Objekten und Sammlungsdokumenten auseinandersetzten, fanden nur vereinzelt statt. Hinzu kommt, dass diese Überprüfung hauptsächlich von großen Häusern durchgeführt wurde, die gleichzeitig über die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen verfügen. Gerade in kleineren Museen gibt es jedoch einen enormen Bedarf, die Sammlungsgeschichte aufzuarbeiten, um Provenienzen von Objekten klären und abbilden zu können.
Um dieser Herausforderung zu begegnen, ist seit dem 15. August 2023 am Museumsverband eine Projektstelle eingerichtet, die sich der Provenienzforschung in der vielfältigen Museumslandschaft widmet. Im Mittelpunkt stehen die Beratung und Unterstützung zu allen wichtigen Fragen rund um das Thema Provenienz mit dem Fokus auf nationalsozialistisches Raubgut. Das Ziel ist es, ein Bewusstsein in den Museen für die Biografie eines Objektes und seine rechtmäßigen Vorbesitzer:innen zu schaffen.
Die zentrale Aufgabe der Koordinierungsstelle besteht in der aktiven Ansprache und Unterstützung der einzelnen Museen bei allen Fragen rund um das Thema Provenienzforschung. Häuser, die Verdachtsmomente zu NS-Raubgut in ihren Sammlungen haben, werden vom Projektkoordinator engmaschig beraten. Dadurch soll ein geeigneter Umgang mit den Objekten im Rahmen der Washingtoner Prinzipien garantiert werden.
Den Kern des Pilotprojekts bildet neben der Beratung auch die Durchführung eines sogenannten Erstchecks. Die Koordinierungsstelle hilft den betroffenen Museen bei der Vorbereitung und Organisation. Das Ziel eines Erstchecks ist es zu klären, ob ein Verdacht auf unrechtmäßig entzogenes Kulturgut in Museen und Sammlungen vorliegt und ob sich daraus ein weiterer Bedarf an Forschung ergibt.
Die Methode des Erstchecks eignet sich besonders für kleine Häuser, denen die notwendigen Kapazitäten für größere Forschungsprojekte fehlen. Liegt ein Verdacht auf unrechtmäßig entzogene Objekte vor, fördert das Deutschen Zentrum Kulturgutverluste die Untersuchungen vollständig. Für die Museen entstehen damit keine Kosten. Am Ende des Erstcheck liegt ein Abschlussbericht vor, den die geförderte Einrichtung für ihre weitere Arbeit nutzen kann.
Im Rahmen des Projektes fand am Museumsverband von Januar bis Mai 2024 eine Umfrage zur Herkunft der Museumssammlungen in Rheinland-Pfalz statt. Verschickt wurde sie insgesamt an 466 nichtstaatliche Museen im Land. Davon haben 230 Häuser geantwortet, was einer Quote von 49 Prozent entspricht. Die Einrichtungen waren hierbei eingeladen, Fragen zu beantworten, die von der Geschichte des Hauses über die Personalstruktur bis hin zur Digitalisierung von Objektbeständen reichten. Die aus der Umfrage gewonnenen Daten dienen dazu, sich ein umfassendes Bild von den Museen im Land und ihrer Sammlungsgeschichte zu machen sowie ihre Bedarfe an Provenienzforschung zu ermitteln.
Die Umfrage wird derzeit ausgewertet (Stand: 01.08.2024).
Provenienzforschung im Museum I: NS-Raubgut | Verband der Museen der Schweiz | PDF
Provenienzforschung | Deutsches Zentrum Kulturgutverluste | PDF
Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten | Deutscher Museumsbund | PDF
Umgang mit menschlichen Überresten in Museen und Sammlungen | Deutscher Museumsbund | PDF
Nicht nur Raubkunst! Sensible Dinge in Museen und universitären Sammlungen | Universität Mainz | PDF
Philipp Hosbach M.A.
Tel. 0621-4907-1286
hosbach(at)museumsverband-rlp.de
Erreichbarkeit:
Montag bis Freitag, 8:00 - 15:30 Uhr